Notfall Alpin (3/9): Einsatz des AEDs durch Notfallzeugen am Berg
alle Artikel der Serie: Notfall Alpin
- Teil 1: Die ersten 5 Minuten (Ausgabe #99)
- Teil 2: Atmung und Kreislauf (Ausgabe #100)
- Teil 3: Einsatz des AEDs durch Notfallzeugen am Berg (Ausgabe #101)
- Teil 4: Erste Hilfe nach einer Lawinenverschüttung – Time is brain! (Ausgabe
#102) - Teil 5: Kritische Blutung z.B. nach einem Spaltensturz (Ausgabe #103)
- Teil 6: Erste-Hilfe-Material zur Blutstillung (Ausgabe #103)
- Teil 7: Neurologisches Problem (Ausgabe #104)
- Teil 8: Neurologisches Problem (D). Teil 2 be FAST (Ausgabe #108)
- Teil 9: E-Problem nach Skisturz (Ausgabe #109)
Durch die Defibrillation innerhalb von 3 bis 5 Minuten nach einem Kreislaufstillstand können (im urbanen Raum) Überlebensraten von 50 – 70 % erreicht werden. In ihrem Beitrag „Herz-Lungen-Wiederbelebung mit Laiendefibrillatoren (AED) in den Bergen Österreichs von 2005 bis 2015“ veröffentlichen die Autoren erstmals Zahlen zum Einsatz des „Laiendefis“ durch Ersthelfer im Gebirge. Immer wieder wird der Einsatz des AED thematisiert. Höchste Zeit also, dieses Gerät und seine korrekte Anwendung vorzustellen.
Wo finde ich einen AED
Die Defibrillation durch den Notfallzeugen bzw. der Ersthelferin ist mithilfe eines AEDs problemlos möglich. Der Automatische Externe Defibrillator ist in der Regel ein „Halbautomat“, d.h. die Anweisungen kommen akustisch, teilweise auch visuell vom Gerät, die (Schock-)Knöpfe müssen aber noch selbstständig durch den Notfallzeugen gedrückt werden.
In den meisten Städten und auch im ländlichen Gebiet wird seitens des Staates ein flächendeckendes AED-Netz angestrebt – Public Access Programm. Hierbei sind die AEDs öffentlich zugänglich und eine Interaktion zwischen Leitstellendisponenten, Notfallzeugen und Einsatz des AEDs findet statt. D.h. die Leitstelle weist bei einem entsprechenden Notruf daraufhin, wo der nächste AED stationiert ist.
Auch im alpinen Gelände kann so – entsprechende Ressourcen vorausgesetzt – unter Umständen rasch ein AED zum Notfallort gebracht werden. Gerade im alpinen Raum ist diese Interaktion von großer Bedeutung, da der Notfallzeuge i.d.R. nicht weiß, wo der nächste AED zu finden ist. Die (integrierten) Leitstellen spielen dabei als zusätzliche Ressource (vgl. #99) eine wichtige Rolle, da sie neben der Notrufabwicklung zusätzlich noch auf die Datenbank der AED-Standorte in Österreich zugreifen können und ggf. sogar einen weiteren (Erst-)Helfer mit dem benötigen AED an den Notfallort schicken können (bspw. Lift- oder Hüttenpersonal).
Ob alle Leitstellen dieses Service anbieten, ist uns nicht bekannt, nach Rücksprache mit der ILS Tirol besteht aufgrund von Datenbanken wie z.B. www.definetzwerk.at diese Möglichkeit. In diesem Zusammenhang sind alle alpinen Hütten etc. mit AED dazu aufgerufen, dort ihren Standort einzutragen, damit die Notrufzentralen darauf zugreifen können! Dadurch kann die Rettungskette weiter gestärkt werden und lebensrettende Maßnahmen noch vor Eintreffen der Profis durchgeführt werden.
Am urbanen Beispiel von Seattle (USA) zeigt sich, wie effizient dieses Vorgehen sein kann; Verfügbarkeit von öffentlich zugänglichen AEDs von <5 Minuten, Schulung von bspw. Stadt- Angestellten etc. im BLS (Basic Life Support = hochwertig und trainierte CPR unter Verwendung eines AEDs). Der Transfer in den Alpenraum bzw. in Notfallsituationen in den Bergen wird im Folgenden beschrieben. Dabei ist es wichtig, dass der AED zusätzlich zur CPR (cardio-pulmonale Reanimation oder Herz-Lungen-Wiederbelebung, vgl. Notfall Alpin: Atmung und Kreislauf in bergundsteigen #100) angewendet wird und diese keinesfalls ersetzt sondern ergänzt.
Bedienung des AED
Möglichst zwei, besser drei Helfer führen die CPR durch. Durch die Leitstelle wurde den Ersthelfern telefonisch der nächste Standort des AEDs mitgeteilt. Dank weiterer Helfer konnte dieser problemlos innerhalb von vier Minuten von der nahegelegene Liftstation an den Unfallort gebracht werden.
Vorbereitung
- der AED wird geöffnet und aktiviert
- Sprach- und Bildschirmanweisungen folgen
- Elektroden auspacken, CPR nicht unterbrechen
- Oberkörper abtrocknen, bei starker Behaarung ggf. rasieren
- eine Elektrode unter die linke Achsel fest aufkleben
- weitere Elektrode unter das rechte Schlüsselbein fest aufkleben (Reihenfolge egal, da biphasisch)
- dabei ist es egal in welcher Sequenz (Beatmung oder Kompression) ihr in der CPR seid, sobald der AED da ist, wird er verwendet
AED-Analyse und Schock
Gemäß der Anweisung der Sprach- und Bildschirmausgabe des AEDs die CPR kurz unterbrechen. Jetzt führt der AED selbstständig eine Analyse des Patienten durch und empfiehlt entweder einen Schock oder die CPR ohne Schock fortzuführen.
bei schneller Verfügbarkeit des AEDs und hochwertiger CPR wird das Gerät i.d.R. einen Schock empfehlen (elektrische Phase eines Kreislaufstillstandes 3-5 Minuten)
während der Schockabgabe darf keiner den Patienten berühren; dies muss vorher durch den AED-Anwender kontrolliert werden: „Schock bei 3: 1 ich bin weg, 2 ihr seid weg, 3 Schock“
sollte das Opfer durch die bereits durchgeführte CPR wieder einen ROSC (Return of spontaneous circulation, d.h. eigenen Spontan Kreislauf mit adäquater eigener Atmung) haben, wird man (je nach Gerät) aufgefordert, das Opfer gemäß ABC-Schema zu checken: dabei sind eindeutige Lebenszeichen (bewegt sich eindeutig, wacht auf oder atmet normal) entscheidend (vgl. Notfall Alpin: Atmung und Kreislauf in bergundsteigen #100).
Herzdruckmassage
Die CPR wird dabei so kurz wie möglich unterbrochen, für Analyse und Schock benötigt das Gerät nur wenige Sekunden, daher sollen sich alle bereithalten, sofort wieder mit der CPR fortzufahren, v.a. wenn kein Schock empfohlen wird, ist die Unterbrechung im Bereich von 2 bis maximal 4 Sekunden – je nach Gerät.
- nach der Schockabgabe oder der Analyse ohne Schock wird mit 30 Thorax-Kompressionen begonnen
- dabei wird keine Atem- oder Pulskontrolle durchgeführt
Beatmung
Nach den 30 Thorax-Kompressionen erfolgen 2 Atemspenden, idealweise wird hierfür eine Pocket-Maske verwendet. Nach 5 Durchläufen, d.h. 5 x 30 Thorax- Kompressionen und 3 x 2 Atemspenden (entspricht ca. 2 Minuten Zeit) wird mithilfe des AEDs eine erneute Analyse durchgeführt.
- wie zuvor wird jetzt entweder der Schock empfohlen oder sofort wieder mit der CPR weitergemacht (kein Schock)
- dieses Procedere erfolgt solange, bis das Opfer sich bewegt oder normal atmet (#100) bzw. bis die Profirettung übernimmt
Während der Wiederbelebung
Gerade bei Trauma-CPR (Wiederbelebung bei Verletzungen) soll ein freier Helfer das Opfer nach A, B und C checken und hierbei v.a. auf kritische Blutungen achten. Diese müssen während der CPR zwingend gestoppt werden (Israel-Bandage, Tourniquet, etc).
Wichtig
Dieses Vorgehen benötigt Übung und Training! Mythen wie bspw. dass das CPR bei Trauma „nichts bringt“ sind längst widerlegt und spielen absolut keine Rolle für den Notfallzeugen/Ersthelfer. Im Sinne des Notfall-Alpin Konzepts-bietet es sich an, bereits bei beginnender Bewusstlosigkeit bzw. Auffälligkeiten in A, B, C, D oder E einen AED bereit zu halten.
Für den geübten und trainierten BLS (Basic Life Support)- Anwender ist es zumutbar, kausale Reanimationsgründe (vier H’s und HITS: Hypoxie, Hypovolämie, Hypothermie, Hypo-/Hyperkaliämie und Herzbeuteltamponade, Intoxikation, Thromboembolie, Spannungspneumothorax) – von weiteren Helfern beheben zulassen. Dies gilt explizit für kritische Blutungen (Hypovolämie).
Schnee leitet den Strom des AEDs nicht weiter, Gefahrenstellen sind Böden aus Metall und mehrere Zentimeter hoch stehendes Wasser. In diesen Fällen ist das Opfer zuerst an einen sicheren Ort zu bringen. Der AED kann generell bei Kindern nach dem ersten Lebensjahr (Säugling) verwendet werden. Je nach Gerät muss dabei ein eigener Knopf oder Schalter betätigt werden. Das genaue Vorgehen bei Kindernotfällen wird in einem späteren Beitrag thematisiert.
Notfall-Defi Alpenverein
Der im Beitrag abgebildete Defi ist ein Modell, das der Österreichische Alpenverein für seine Schutzhütten anbietet. Erfolgreiche Einsätze gab es damit bereits auf mehreren Alpenvereinshütten – es ist zu hoffen, dass immer mehr Hütten mit einem solchen AED ausgestattet werden. Beispielhaft die Eigenschaften dieses Geräts:
Der ME PAD Notfall-Defi ist ein Laien-Defibrillator, der an nahezu jedem Ort schnell eingesetzt werden kann (2,4 kg / 26 x 25,6 x 7 cm / ab ca. € 1.200). Dem Anwender werden alle notwendigen Hilfsmaßnahmen über klar verständliche Sprachanweisungen erklärt.
- Steuereinrichtungen: Ein/Aus-Taste, i-Taste, Schocktaste, Auswahlschalter Erwachsener/Kind
- Status LCD: zeigt Gerätestatus, Ladezustand Batterie, Elektrodenstatus
- Lautsprecher: automatische Anpassung der Lautstärke an die Umgebungsgeräusche
- Bis zu 5 Einsätze zu je 3 Stunden Dauer werden auf der internen SD-Speicherkarte aufgezeichnet. So stehen jederzeit alle wichtigen Daten wie Herzrhythmus, Energieabgabe, Zeit etc. für die Nachanalyse zur Verfügung.
- Zusätzlich zur automatischen Leistungsumschaltung beim Anschluss von Kinderelektroden verfügt der ME PAD über eine manuelle Schaltung zur Absenkung der Leistung. So können im Notfall auch Kinder behandelt werden, selbst wenn keine Kinderelektroden zur Verfügung stehen.
- In täglichem, wöchentlichem und monatlichem Zyklus wird ein Testprogramm ausgeführt. Dabei werden alle Funktionen, die Leistung der Batterie und die Haltbarkeit der Elektroden-Pads automatisch geprüft und im Falle eines Fehlers wird ein Alarm ausgegeben.
- Die Software des ME PAD ist nach den aktuellen Leitlinien des ERC programmiert und führt den Anwender sicher durch die gesamte Reanimation.
- Die Lithium-Ionen-Batterie garantiert eine Stand-by-Zeit von bis zu 5 Jahren bzw. bis zu 200 Schocks bei voller Leistung.