Hitzeschäden am Berg: Was tun?
Während eine Erfrierung – analog zum Sonnenbrand – eine lokale Schädigung des Gewebes bedeutet, entsprechen der allgemeinen Unterkühlung systematische Probleme wie Hitzekollaps, Hitzeerschöpfung oder Sonnenstich, die unter dem Überbegriff „Hitzeschäden“ laufen.
Dabei handelt es sich um Reaktionen des Körpers, welche durchaus fatale Konsequenzen haben können. Deshalb gilt es primär, solche Hitze bedingten Probleme durch entsprechendes Verhalten zu vermeiden; darum geht es in diesem Beitrag.
Wie man auf bereits eingetretene Hitzeschädigungen reagiert, wird hier nur kurz gestreift. Die Videoserie „Taktische Alpinmedizin“ geht ins Detail.
Temperaturregulation
Unser Körper funktioniert am besten, wenn die Körperkerntemperatur etwas unter 37 °Celsius beträgt. Steigt diese Temperatur über ca. 42 °C, dann hat das massive Auswirkungen und kann letztendlich zum Versagen von Organen führen.
Beim Bergsteigen sind wir manchmal aber nicht nur hohen Temperaturen ausgesetzt, sondern strengen uns zudem auch noch körperlich an – was die Sache nicht besser macht.
Durch verschiedene Arten des Wärmeaustausches versucht unser Körper dann, die „Hitze“ wieder loszuwerden. Hauptsächlich kommt es zur Bildung von Schweiß und mit seiner Verdunstung zu einem kühlenden Effekt auf der Haut. Damit einher geht aber auch eine verstärkte Durchblutung der Haut, wodurch die Herzfrequenz steigt und letztlich der Kreislauf belastet wird.
Eine wichtige Rolle spielt dabei auch die Luftfeuchtigkeit, denn ab ca. 35 °Celsius ist die Wärmeabgabe durch Schweißbildung am wichtigsten. Je höher aber die Luftfeuchtigkeit, d.h. je mehr sie bereits mit Wasserdampf gesättigt ist, umso schlechter kann der Schweiß verdunsten und somit Wärme abführen. Deswegen ist weniger die absolute Temperatur, als vielmehr der Taupunkt (dann ist die Luft zu 100 Prozent gesättigt), für unser Wohlbefinden und die Belastung auf den Körper entscheidend – aus diesem Grund halten wir es in der trockenen Wüste bei 45 °C besser aus als im feucht-tropischen Regenwald bei 34 °C.
Da am meisten Schweiß durch Kopf und Oberkörper abgegeben wird, ist es wichtig, dort eine möglichst luftige Kleidung zu tragen, um einen optimalen Wärmeaustausch zu ermöglichen. Für die lange sommerliche Klettertour in der Südwand also einen super durchlüfteten Helm verwenden. Übrigens beschleunigt Wind die Verdunstung des Schweißes auf der Haut, was eine kühlende Wirkung hat.
(Anmerkung: Dass es an solchen heißen Tagen wie aktuell eine ziemlich schlechte Idee ist, über die Mittagszeit eine komplett südexponierte 15-Seillängen-Tour zu klettern, sollte sich von selbst verstehen, und fällt in die Kategorie Tourenplanung …)
Wer sich über einen längeren Zeitraum in heißen Gebieten aufhält, wird einen Gewöhnungseffekt bemerken. Nach 10 bis 14 Tagen wird der Kreislauf weniger belastet und die Leistungsfähigkeit steigt, u.a. weil der Körper mit einer höheren Schweißbildung reagiert (Schweiß besteht übrigens aus Elektrolyten und Wasser).
Diese Schweißproduktion geht auf Kosten des Blutplasma-Volumens und der Körper kann bei extremer Hitzebelastung anfangs bis zu etwa vier Liter Schweiß/Stunde produzieren, später noch bis zu ca. einem Liter/Stunde. Das kann dramatische Flüssigkeitsverluste bedeuten!
Ähnlich wie beim Höhenbergsteigen empfiehlt es sich z.B. bei Trekkingtouren in heißen Gebieten, sich langsam an die Hitze zu gewöhnen und sich anfangs körperliche Ruhe zu gönnen.
Flüssigkeitshaushalt
Regelmäßiges Trinken ist beim Bergsteigen immer gut. Während es in unseren Breitengraden aber in der Regel meistens ausreicht, vor bzw. nach der bergsportlichen Betätigung ordentlich zu trinken, und wir deshalb nur relativ wenig Wasser (oder was auch immer) auf die Tour mitnehmen müssen, ist in heißen Gebieten ein regelmäßiges, über den Tag verteiltes Trinken notwendig, um den Wasser-Elektrolyt-Haushalt im Normbereich zu halten.
Die notwendigen Elektrolyte werden normalerweise durch die Nahrung aufgenommen, sodass ergänzende Tabletten u.ä. nicht notwendig, teilweise sogar kontraproduktiv sind. In heißen Gebieten sollten Wasser und Fruchtsäfte unseren Durst stillen und nur in Ausnahmefällen muss auf eigene Elektrolytgetränke zurückgegriffen werden. Keinesfalls sind Experimente mit oft schlecht verträglichen (und ungewohnten) Pülverchen zu empfehlen!
Obacht: Man kann es auch übertreiben und zu viel trinken und so den Körper überlasten. Vor allem Wanderer mit riesigen Trinkblasen und Zuzzelschläuchen sind hier mitunter gefährdet.
Hitzeschäden beim Bergsteigen
Beim Bergsteigen können folgende Hitzeschädigungen und deren Folgen auftreten:
- Dehydratation als Folge einer Störung des Wasser-Elektrolyt-Haushaltes. Man fühlt sich zwar ausgelaugt und erschöpft, ist aber komplett ansprechbar und orientiert, der Puls ist hoch, aber die Körperkerntemperatur normal. Beginnt man nicht rasch zu trinken, steigt die Gefahr eines Hitzschlags. Auch können Koordinationsprobleme (Absturzgefahr) und Muskelschmerzen auftreten.
- Hitzschlag als Folge einer Störung der Temperaturregulation, oft infolge einer Dehydration. Man fühlt sich erschöpft und ist „verwirrt“ bzw. reagiert ungewohnt, der Puls und die Körperkerntemperatur sind hoch. Wird der Körper nicht rasch aus der Sonne gebracht und abgekühlt, kann er mit Krämpfen und Bewusstlosigkeit reagieren und letztendlich kann es auch zu Herzversagen kommen. Dem echten Hitzschlag aufgrund einer körperlichen Belastung geht meist die sog. Hitzeerschöpfung voraus. Also sein eigenes Verhalten und das seiner Kumpels (zurückgeblieben, erschöpft, desorientiert) beobachten und lieber früher als später reagieren.
- Sonnenstich als Folge einer Reizung der Hirnhäute durch intensive kontinuierliche Sonneneinstrahlung direkt auf den (nicht durch Bekleidung geschützten) Kopf- und Nackenbereich. Man bekommt Kopfschmerzen und einen roten Kopf, einhergehend mit Übelkeit und Desorientierung. Werden Kopf und Nacken nicht gekühlt und der Körper aus der Sonne genommen, drohen Koma und Hirnödem.
Was tun?
Es gibt verschiedene Aspekte, welche die Wärmebelastung auf den Körper bestimmen:
- Wetter: Luftfeuchtigkeit, Lufttemperatur, Wind
- Mensch: allg. Gesundheit, Fitness, Akklimatisation, Flüssigkeitszufuhr
- Tätigkeit: Aktivität/Anstrengung, Bekleidung/Belastung (Helm, Rucksack …)
Davon abhängig bzw. darauf abgestimmt, empfiehlt es sich, auf die steigende Hitzebelastung zu reagieren und so Hitzeschäden erst gar nicht auftreten zu lassen; und zwar durch folgende Maßnahmen:
- mehr und längere Pausen,
- mehr trinken,
- geringere körperliche Belastung,
- Bergsteigen nur wenn hitzeakklimatisiert,
- im Schatten bleiben,
- schützende Kleidung verwenden.
Tatsächlich tritt ein Durstgefühl oft erst auf, wenn es bereits zu spät ist. Deswegen standard- und regelmäßig trinken. Je nach Hitze und Belastung werden in echten Hitzegebieten zwischen 0,5 und 1 Liter pro Stunde empfohlen. Als Bergsteiger werden wir uns in solchen Gebieten nur in Ausnahmefällen länger bewegen können, denn diese Flüssigkeitsmengen mitzuschleppen, ist praktisch nicht möglich.
An besonders heißen Tagen werden wir aber mehr als sonst mitnehmen und vor allem vor (!) der Tour mehr als nur ein Tässchen Kaffee, sondern mind. einen halben Liter Flüssigkeit trinken – was übrigens bei jeder Bergtour eine gute Idee ist. Die ausreichende Flüssigkeitszufuhr nach der Tour ist hingegen nur selten ein Problem …
Hinweis: Es dauert relativ lange, bis der Körper reines Wasser aufnehmen kann, was v.a. durch die Zugabe von Natrium beschleunigt werden kann. Mehr Elektrolyte ins Wasser zu mischen als empfohlen, ist absolut kontraproduktiv (siehe Beitrag zum Salzburger Symposium für Alpin- und Höhenmedizin 2018) – aber das ist eine andere Geschichte …
Bei (drohendem) Hitzschlag gilt es den Körper zu kühlen, also in den Schatten bringen, und u.U. und wenn möglich die Haut feucht zu halten (z.B. feuchtes Halstuch). Dazu sollte in vernünftigen Mengen getrunken werden. Ein ausgeprägter Hitzschlag ist ein lebensbedrohlicher Zustand, daher gilt es die Rettungskräfte zu alarmieren! Bei auftretender Bewusstlosigkeit entsprechend dem Erste-Hilfe-Schema vorgehen.
Ein Sonnenstich kann durch entsprechende Schutzbekleidung von Kopf und Nacken verhindert werden. Vor allem am Gletscher sind ein breitkrempiger Sonnenhut, ein hochgestellter Hemdkragen oder ein Halstuch Pflicht – einige schwören in wüstenähnlichen Gebieten auf einen Sonnen(=Regen-)Schirm.
Titelbild: 7:00 Uhr und schon brutal warm. Walter am Weg zum Einstieg einer (schattseitigen) Solo-Kletterei. Foto: argonaut.pro