How to Bigwall (2/3): Richtig Haulen
Hier gehts zum Teil 1 der Bigwall-Serie.
Wer schon mal in den Alpen einen Rucksack die Wand entlang- geschleift hat, weiß, wie lang es dauert, bis vom Rucksack nicht mehr viel übrig ist. Beim Bigwallklettern gehören spezielle Haulbags (to haul = raufziehen, bag = Sack) deshalb zur Standardausrüstung. Haulbags sind große, zylinderförmige Säcke aus abriebfestem Material (Polyurethan-Harz- oder, weniger gut, Vynil-beschichtetes Nylon). In Sachen Qualität gibt es große Unterschiede. Ohne auf einzelne Marken näher einzugehen, raten wir hier von den günstigeren Haulbag-Varianten ab. Abriebfestigkeit und gute Verschließbarkeit (wasserdicht) sind die beiden Hauptkriterien, auf die es ankommt.
Tipp! Ein namhafter amerikanischer Hersteller bietet eine spezielle Haulbag-Abdeckung in Form einer spitz zulaufenden Haube an, die mittels Velcro verschließbar ist. Wichtige Materialgegenstände sind sehr leicht zugänglich, der Haulbag ist zu 100 % dicht gegen Sturzfluten von oben und tendiert viel weniger zum Hängenbleiben.
Bevor es losgeht, muss das Material erst einmal zur Wand befördert werden. Alles in einem Rutsch zu befördern, ist selten machbar – allein das Klettermaterial und die Seile füllen einen Rucksack, vom Proviant und dem Wasser noch gar nicht zu sprechen. Dazu kommen noch Portaledge, Schlafsack und Bekleidung.
Egal wie man die Logistik zum Wandfuß angeht, es ist wichtig zu beachten, dass Essen am Wandfuß schon mal gefunden und gegessen wird, während man nicht da ist. Im Yosemite weiß man, dass eine Gallone Gatorade einen Bären nur ein paar wenige Sekunden lang beschäftigt. Es kann deshalb Sinn machen, alles Essen und die zuckrigen oder alkoholischen Getränke in sicherer Höhe aufzuhängen oder erst ganz am Ende hochzutragen.
Man sollte auch bedenken, dass man alles, was man auch im Basislager oder am Campingplatz braucht, ganz am Ende zur Wand mitnimmt und diese Dinge oft recht voluminös sind (Schlafsack, Matte, Daunenjacke etc.). Ist man schließlich mit Sack und Pack am Einstieg angekommen, packt man meistens nochmals um.
Wenn die Route nicht schnurstracks gerade hochgeht und überhängt, können Kollisionen zwischen Haulbag und Fels zu allerlei Kollateralschäden führen. Am ärgerlichsten sind kaputte Bierdosen (und Wasserflaschen). Wenn’s aus’m Haulbag raustropft und die Tropfen schmecken nach Bier, kann schon mal Panik ausbrechen. Man finde mal eine geplatzte Bierdose in einem 100-Liter-Haulbag, bevor sie leer ist! Um den Inhalt des Haulbags zu schützen, sollte man den Sack innen polstern.
Wer eh eine Isomatte mitnimmt, um am Gipfel oder beim Abstieg zu schlafen, kann diese dafür verwenden. Eine gute Alternative ist Karton, solange er nicht feucht wird. Mit Inhalt und Packstrategie haben wir uns schon im ersten Teil befasst. Ganz unten kommt alles rein, was man im Normalfall nicht braucht (Bolt-Kit, Tragegurte etc.), darüber das Wasser, dann das, was man täglich braucht (Schlafsäcke, Jacke, Essen) und ganz oben der Tagesproviant, Kamera usw.
Das Portaledge und die Poop-Tube kommen unten an den Haulbag, wo sich die Hängegurte kreuzen. Tipp! Material, das man regelmäßig braucht, packt man am besten in einen eigenen Sack, um es am Stand leicht rausnehmen und beiseitenehmen zu können.
Haulbags mit dem Seil verbinden
Der Verbindungsknoten zum Haulbag hat in der Regel immer wieder Felskontakt. Um das Seil zu schützen, kann eine in der Hälfte durchgeschnittene, mehr oder weniger kegel- oder glockenförmige Plastikflasche verwendet werden. Dazu führt man das Seil von oben durch den Flaschenhals und knüpft darunter den Verbindungsknoten. Als Knoten empfiehlt sich eine Achterschlinge mit zwei Schlaufen.
Die doppelte Achterschlinge lässt sich verhältnismäßig leicht wieder lösen und der Sack hängt nicht nur an einer Schlaufe. Die Knotenwindungen werden von der Flasche, deren Hals nicht über den Knoten rutschen kann, geschützt. In die doppelte Achterschlinge wird ein Verschlusskarabiner und anschließend ein Swivel geklippt.
Der Swivel sorgt dafür, dass sich die Haulbags um die eigene Achse drehen können, ohne dass das Seil mitdreht. Manche Swivel verfügen bereits über einen Karabiner mit Verschlusssicherung. Die Verbindung zwischen Swivel und Haulbag wird wieder mittels Verschlusskarabiners (große Ausführung!) oder mittels eines kurzen Seilstücks mit mehreren Schlaufen hergestellt. In diesem hängen dann die Haulbags.
Die allermeisten Haulbags verfügen über zwei Schlaufen, die dann in den Swivel eingehängt werden. Wichtig ist, dass man den Haulbag unterwegs aufmachen kann, ohne ihn aufzuheben. Dafür hat sich die Verwendung von zwei Karabinern bewährt. Eine Schlaufe wird direkt in den Swivel eingehängt, die zweite Schlaufe wird in den ersten Karabiner geklippt. Dadurch hängt der Haulbag leicht schräg, lässt sich aber unter Last öffnen.
An Stelle eines großen Haulbags ist es angenehmer, mehrere mittelgroße oder kleine Haulbags zu verwenden. Für die Anordnung bieten sich zwei Möglichkeiten, diese zu organisieren: Alle nebeneinander und Portaledge und Poop-Tube drunter oder eine Reihenschaltung, wo alle untereinander hängen. Erstere ist am Stand viel praktischer und vor allem in steilen Wänden zu empfehlen, Letztere macht nur Sinn, wenn das Gelände sehr plattig und/oder brüchig ist.
Haulbags am Stand fixieren
Das Wichtigste zuerst: Man sollte den Haulbag am Stand immer redundant festmachen, auch wenn er nicht runterfallen kann. Wenn er’s doch tut, ist die Klettertour im besten Fall vorbei, im schlimmsten Fall ist der Vorsteiger tot (siehe Hinweis dazu in Teil 1). Als primäre Befestigung für die PIG (ugs. Haulbag) verwendet man am besten 2 bis 3 Meter Halbseil.
Das eine Ende befestigt man am Hauptkarabiner des Haulbags und fixiert den Haulbag dann mit einem abgebundenen und hintersicherten Halbmastwurf am Stand. So kann man den Haulbag lösen, ohne ihn aufheben zu müssen. Ist das Halbseil lang genug, kann man beim Sichern auf den Haulbags stehen, indem man sie nicht zu weit raufzieht, bevor man sie festmacht oder auch wieder etwas absenkt.
Tipp! Wenn sich der nächste Standplatz links oberhalb befindet, ist es schlau, die Haulbags auf der linken Seite des Standplatzes zu positionieren, und umgekehrt. Beim Lösen hat die PIG dann freie Fahrt und muss nicht erst mühsam über den Standplatz und Sichernden befördert werden! Die Haulbags sollten so hoch hängen, dass man ihren Inhalt gut erreicht. Wenn man im Portaledge übernachtet, können die Haulbags links und rechts für zusätzliche Stabilität sorgen. Platziert man eine Ecke des Portalegde auf einem der Haulbags, so gibt das zusätzliche Stabilität.
Auch gilt es zu beachten, dass man alles, was man zum Schlafen nicht braucht, wieder im Sack verstaut und diesen deshalb leicht erreichen sollte. Idealerweise positioniert man die Haulbag-Öffnung ca. 50 cm über dem Portaledge, um bequemen Zugriff zu haben. Wird ein Zelt (so genanntes „Fly“) verwendet, so sollte man die Säcke unbedingt auf der Seite positionieren, wo sich auch die Tür des Fly befindet (das kann man sich normalerweise nicht aussuchen).
Hängen die PIGS auf der falschen Seite oder zu tief, wird der Zugriff zu den Säcken ziemlich aufwendig. Die Säcke dürfen aber auch nicht zu hoch hängen, da sich das Portaledge samt Fly unter die Säcke schieben und beschädigt werden kann (siehe Abb. 2).
Wie bereits im ersten Teil erwähnt ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Haulbags immer erst dann vom Stand gelöst werden, wenn sie ein paar Zentimeter aufgezogen wurden. Ist dies nicht der Fall und die Haulline noch nicht in der blockierten Traxion eingehängt, besteht die Gefahr des Absturzes der PIG!
Liegt der nächste Standplatz nicht direkt über dem vorherigen, so sollte man dem Haulbag einen Pendelsturz ersparen, indem man ihn vom Stand mittels Reepschnur und HMS langsam in Falllinie ablässt. In manchen Routen, z.B. Iron Hawk (A4) am El Capitan, braucht man dafür fast 60 Meter. Würde man den Haulbag einfach fallen lassen, kann der Schaden am Inhalt (Bier!) groß sein.
Haulsysteme
Und nun zum Hauptteil dieses Artikels. Man kann beim Bigwallklettern eigentlich alles so lösen, dass es leicht geht. Außer haulen. Vor allem für die Leichtgewichte unter uns ist das, egal wie man es anstellt, eine mühevolle Angelegenheit. Nicht umsonst ist „the bags were too heavy” der häufigste Grund für einen Rückzug am El Cap. Wie groß die Mühe tatsächlich ist, hängt von der eigenen Einstellung, dem Gelände und der Vorgehensweise ab. Um zumindest Letztere zu optimieren, sollte man über drei Dinge nachdenken.
Erstens über den Einfluss des Seilverlaufs auf die benötigte Kraft, die aufgewendet werden muss, um den Haulbag nach oben zu bewegen. Zweitens die Wahl des geeigneten Flaschenzugsystems und drittens, wie man sich beim Haulen selber bewegen will bzw. bewegen kann und was der Partner tut.
Zuerst der Seilverlauf: Jede Kante, über die das Seil auf dem Weg in die Umlenkrolle läuft, erhöht den Kraftaufwand enorm. Bei schweren Lasten lohnt es sich allemal, hier zu optimieren, bevor man darüber nachdenkt, welchen Flaschenzug man anwendet. Befindet sich der Stand auf einem großen Band, so kann man unter dem Band haulen, um dann mit einem „Mini-Haul“ die Säcke aufs Band zu befördern. Bei der Wahl des geeigneten Haulsystems müssen folgende Faktoren berücksichtigt werden:
Das Gewicht der Haulbags, das eigene Körpergewicht, die Anzahl der Arbeiter und die Position des Standplatzes.
Das 1:1-System
Beim 1:1-System (Abb. 2) wird das Zugseil lediglich umgelenkt. Die Kraft, die man aufwenden muss, um einen 100 kg schweren, frei hängenden Haulbag zu bewegen, ist also etwas mehr als 100 kg (genau: 105 kg bei der Pro Traxion, 110 kg bei der Micro Traxion). In der Praxis spielen Seilverlauf und die dadurch entstehende Reibung sowie Seiltyp und Durchmesser eine entscheidende Rolle.
Das 1:1-System (Körperflaschenzug) wird immer dann verwendet, wenn wir es mit eher leichten Haulbags zu tun haben oder wenn der Seilpartner ebenfalls als Gegengewicht zur Verfügung steht. Eine weitere Voraussetzung ist, dass man genügend Platz hat, um seinen eigenen Körper effektiv als Gegengewicht einzusetzen, also eine mehrere Meter hohe senkrechte Wandpartie unterhalb des Standplatzes. Standplätze auf konvexen Absätzen, Felsstufen oder flach zulaufende Platten eignen sich nicht für 1:1-Systeme. Ein wesentlicher Vorteil des 1:1-Systems ist der leichte Umbau auf ein 3:1-System.
Im Alpenraum kennen wir das 3:1-System auch als Expressflaschenzug. Beim 3:1-System dauert es dreimal so lang, um den Haulbag nach oben zu befördern. Dafür braucht man aber auch jedes Mal nur ein Drittel der Kraft – soweit die Theorie. Die tatsächlich benötigte Kraft hängt wiederum stark vom Seilverlauf und den verwendeten Seilen und Rollen ab. Um ein 1:1-System auf 3:1 umzubauen, benötigt man lediglich eine Steigklemme oder einen T-Bloc mit montierter Seilrolle und eine weitere Seilrolle, um das nach oben laufende Seil nach unten umzulenken.
Das Ziehen des Zugseils nach oben, wie wir es vom Expressflaschenzug beim Alpinklettern kennen, ist beim Bigwallen keine Option. Dafür sind die Dis-tanzen und das Gewicht einfach zu groß. Jede Umlenkung reduziert den Wirkungsgrad um 5 bis 10 % (je nach Seilrollendurchmesser). Umlenkungen am Karabinerschenkel sind keine Option aufgrund der großen Reibungsverluste. Ein häufig unterschätzter Punkt sind Effizienzverluste, die auf die schlechte Positionierung der Umlenkrollen zurückzuführen sind.
Tipp! Wird die Petzl Pro Traxion verwendet, so ermöglicht die zusätzliche Öse einen nahezu parallelen Seilverlauf zwischen Lastseil und Zugseil. Das System kann dadurch sehr effizient aufgebaut werden.
Das 2:1-System
Viele erfahrene Bigwaller und Solokletterer schwören auf das 2:1-System (Abb. 3). Das Verhältnis von Kraftaufwand zu Weg scheint hier der entscheidende Vorteil zu sein. Dem Euro-Alpinisten fällt sofort die Ähnlichkeit zur Losen Rolle bei der Gletscherspaltenbergung auf. Zentrales Element des 2:1-Sys-tems ist wieder die Pro Traxion. Auch hier ermöglicht uns die zusätzliche Öse das schnelle Anbringen des bereits vorbereiteten Setups und das Arbeiten unter sehr günstigen Einlaufwinkeln.
Das 2:1-Setup besteht aus zwei Umlenkrollen und einer 5-m-Reepschnur. Die erste Rolle wird mittels Jümar wieder direkt an das Lastseil geklippt, die zweite dient als Umlenkung und wird mittels kurz geknüpfter Reepschnur direkt unter die Pro Traxion positioniert. Je kürzer der Abstand zwischen Pro Traxion und oberer Umlenkrolle, desto mehr Strecke lässt sich pro Hub erreichen.
Die kurz geknüpfte Reepschnur (oder kleiner Swivel mit Karabiner) erlaubt einen variablen Einlaufwinkel der Reepschnur ins System. Die Befestigung der Reepschnur am Gurt erfolgt mittels Mastwurf oder, noch eleganter, mittels Gardaknoten. Das ermöglicht eine sehr schnelle zuverlässige Längenanpassung. In der Praxis erfordert das 2:1-System sehr viel Routine und Erfahrung. Das System macht nur dann Sinn, wenn es wirklich sauber aufgebaut und bedient wird.
Das 3:1-System
Ein 3:1-System (Abb. 4) verzeiht viel mehr Fehler und ist vor allem für Anfänger oder in Ausnahmesituationen, wo es mehr oder weniger spontan zum Einsatz kommt, deutlich besser geeignet. Trotzdem sollte man sich beim Aufbau Zeit nehmen, um sich selbst und die Pulleys so zu positionieren, dass man gut vorankommt.
Bewegungsmöglichkeiten
Zu guter Letzt schauen wir uns noch an, welche Bewegungsmöglichkeiten sich beim Haulen anbieten. Wir unterscheiden drei Hauptvarianten, die sich darin unterscheiden, wie viel Hilfe man sich bei der Schwerkraft holt.
Variante 1. Man bewegt seinen Schwerpunkt nicht und macht alles mit den Armen (direkt am Jümar), mit dem Bein (über eine Trittschlinge mit dem Jümar verbunden) oder einer Kombination aus beiden, während man mit einem Bein steht. Das ist schnell und sehr effizient. Mit einem 3:1-Setup ist diese Variante fast immer möglich, mit 1:1 so gut wie nie. Bei dieser Variante macht man sich mit dem Kletterseil relativ eng am Stand fest und ist mit dem Haulseil nicht direkt verbunden. Man hält nur das Jümar.
Variante 2. Man tritt mit beiden Füßen (und Händen) gegen die Wand, und drückt den Schwerpunkt nach unten. Dazu ist man mit einem Grigri oder einer Micro Traxion mit dem Haulseil verbunden. Darüber benutzt man ein Jümar, um sich wieder hochzuziehen, und wiederholt das Ganze. Man macht dann so lange diese vertikalen „Kniebeugen”, bis der Sack oben ist. Diese Variante ist relativ anstrengend.
Variante 3. Man nutzt sein eigenes Gewicht als Gegengewicht, befestigt sich selber am Zugseil mittels Grigri und Jümar (oder 2x Jümar) und kämpft sich dann am Fels entlang runter. Je nach Gelände geht das mehr oder weniger gut. Wenn es zu steil und der Sack zu schwer ist, ist es unmöglich, da man keinen Druck auf die Felsstrukturen ausüben kann.
Ansonsten ist diese Variante dann sinnvoll, wenn mit Variante 2 nichts geht … meistens ist der Übergang dahin fließend und erzwungen. Hier lernt man dann die Auswirkungen von Reibungsverlusten noch besser kennen, weil man feststellt, dass das eigene Gewicht (z. B. 70 kg) eigentlich nie ausreicht, um einen auch nur 50 kg schweren Sack ohne weiteres Drücken, Ziehen und Fluchen nach oben zu bewegen. Es ist wichtig, während der Operation über das Kletterseil mit dem Standplatz verbunden zu sein!
Die Selbstsicherung muss für diese Variante ausreichend lang sein. 5 bis 10 m sind für diese Variante jedenfalls sinnvoll! Ist der Seilpartner zur Stelle, so kann dieser auch noch ans Haulseil gehängt werden (sog. Space Hauling), um als Gegengewicht zu dienen. Was extrem viel hilft, ist, wenn der Partner (oder man selber) am Lastseil, an dem der Haulbag hängt, nach oben zieht. Wieder ist es wichtig, dass auch der Partner über das Kletterseil mit dem Stand verbunden ist.
Auch wenn die Bruchlast von kleinen Seilklemmen (Micro Traxion 15 kN) theoretisch leicht ausreichend ist, würden wir für dieses Manöver die Sicherheitsreserven, die robustere Bauweise und den besseren Wirkungsgrad der Pro Traxion klar bevorzugen. Egal für welche Variante man sich entscheidet, am Ende bleibt der Sack immer irgendwo stecken. Sei es in einem Kamin (schlimm), unter einem Dach (auch schlimm) oder unter einer losen Schuppe (unter Umständen extrem schlimm).
Das Wichtigste dabei ist gar nicht, zu wissen, wie man das Problem lösen kann, sondern dass man es früh genug erkennt! Man braucht ein Gespür dafür. Wenn sich die aufzubringende Kraft etwas erhöht, weil der Haulbag auf Widerstand gestoßen ist, dann sollte man nicht mehr mit Gewalt weiterziehen! Wenn das der Fall ist, hilft es ganz oft, den Sack wieder etwas abzulassen, indem man die Traxion kurz aufmacht und sich 20 cm kontrolliert nach oben bewegt, um es dann noch einmal zu probieren und den Sack dabei in eine etwas andere Richtung zieht, indem man die Haulline zur Seite oder nach außen zieht.
Je nachdem wie weit unten der Sack hängt, kann es notwendig sein, dass man sich dafür etwas abseilen muss. Was man auf keinen Fall tun sollte, ist, mit Gewalt den Sack über oder durch das Hindernis zu ziehen. Erstens erhöht das die Kräfte, die auf den Sack, das Seil, die Traxion und einen selbst wirken, und zweitens kann sich der Sack dabei so verklemmen, dass man ihn gar nicht mehr rausbekommt. Außerdem führt diese Vorgehensweise eigentlich nie zum Erfolg.
Wenn es nicht gelingt, den Sack am Hindernis vorbeizubewegen, muss man abseilen und den Sack „drumherumbabysitten“. Das bedeutet, dass einer direkt beim Haulbag bleibt und der zweite das Haulen übernimmt. Mit einem dynamisch(er)en Seil kann man den Sack mit etwas Gefühl für den Schwung an so manchem Hindernis „vorbeibouncen“ lassen. Das bedingt allerdings, dass wir es mit einer eher leichtgewichtigen PIG zu tun haben. Einen ausgewachsenen Haulbag mit 100 kg lässt auch der stärkste Kletterer nicht mehr bouncen.
Mit dem Haulbag abseilen
Bei einem kompletten Rückzug oder kurzen Abseilstellen in der Tour ist es notwendig, den Haulbag abzulassen oder mitsamt der Ladung selbst abzuseilen. Bei schweren Haulbags wird das schnell zur logistischen Herausforderung.
Grundsätzlich ist ein Ablassen leichter zu organisieren und mittels langer Reepschnur auch sehr gut vom unteren Standplatz aus steuerbar. Die Verwendung des Tubers und umgelenkten Sicherungsseils erlaubt ein gutes Handling, Krangelbildung ist ausgeschlossen und die Bremswirkung ist auch ausreichend. Aufgrund des erhöhten Zeitbedarfs wird man sich beim Rückzug über mehrere Seillängen aber klar für das Abseilen entscheiden.
Das absolute No-Go gleich vorweg: Ein direktes Einhängen des Haulbags in den Sicherungsring wäre die denkbar schlechteste Variante, da man sich dadurch selbst direkt in die Sicherungskette einbaut und man im Falle von Komplikationen handlungsunfähig ist. Die deutlich bessere Variante ist also, den Haulbag direkt hinter das Abseilgerät zu klippen. Durch die beiden Befestigungsschlaufen liegt der Haulbag automatisch etwas tiefer.
Selbst klippt man sich mittels Daisychain ebenfalls in das Abseilgerät, so dass man auf dem Haulbag sitzend abseilen kann. Beim nächsten Standplatz angekommen, fixiert man den Haulbag wieder etwas tiefer mittels abgebundenem HMS und kann diesen dann beim weiteren Abseilen wieder ohne Probleme lösen. Beim Abseilen mittels Tuber empfehlen wir die Verwendung eines zweiten Karabiners, um die Bremswirkung etwas zu erhöhen.
In der Regel ist die Bremswirkung beim Verwenden von Statikseilen aber ohnehin sehr hoch. Eine Alternative ist die Verwendung des GriGris. Das fein dosierte Abfahren ist aber oft nur schwer möglich weshalb der Tuber eher zu bevorzugen ist. Wird das GriGri verwendet, dann kann man die Bremswirkung durch Verwendung des Freino-Karabiners noch erhöhen. Das GriGri lässt sich so auch feiner dosieren und steuern!