Karabinerbruch durch Zusatzsystem
1. Relevanz
Auch wenn es sich hier um einen Karabinerbruch bei einer Hängematte handelt, so ist dies für den gesamten Kletter- und Alpinbereich relevant, da hier ein eigentlich sicheres System, durch eine vom Hersteller angebrachte Zusatzfunktion, zum kompletten Materialversagen und dadurch zum Absturz führte.
2. Ausgangslage
Im Rahmen eines Campingausfluges spannte Lukas H. seine Hängematte eines Schweizer Qualitäts-Herstellers zwischen einem Baum und einer Hütte. Um die Hängematte zu testen stieg er in die Hängematte, wobei ein Karabiner brach, und er aus rund 1m Höhe zu Boden fiel, und sich dabei Prellungen und Schürfungen zuzog. Dies war die dritte Verwendung der Hängematte. Bei einer späteren Überprüfung wurde festgestellt, dass auch der zweite Karabiner aufgebogen war, und jederzeit brechen könnte.
3. Fragestellung
Wie kann ein 12 Kilonewton (1200kg) geprüfter Karabiner brechen? Auch wenn es hier um eine Hängematten-Situation geht, ist die Erklärung des Materialversagens interessant, da es in dieser Art und Weise auch beim Klettern passieren, und damit tödliche folgen haben könnte.
4. Situation
Es wurde jeweils ein Ankerpunkt mit einem geprüften Spannset erstellt. Die Gurte wurden mit Stopp-Knoten versehen und abgespiert. Dadurch sind die Ankerpunkte als sicher anzusehen. Die Hängematte wurde an diesen Ankerpunkten an jedem Ende mit je einem Karabiner eingehängt.
5. Vorgang des Materialversagens
Die Karabiner sind 12kn Schnappkarabiner ohne zusätzliche Sicherung. (Wenn auch mit Aufdruck „Not for climbing“, gelten die 12kn). Vom Hersteller her werden diese mit einem „Regenschild“ ausgestattet. Dieser rund 7cm auf 5cm Gummilappen wird beim Karabiner direkt eingehängt, und soll verhindern, dass Regenwasser von außerhalb eines Tarp in die Hängematte fließen kann.
Diese Konstruktion wurde so vom Hersteller ausgeliefert und in der Hängematte fertig montiert. Diese „Regenschilder“ können aber aus ihrer ursprünglichen Position leicht verrutschen. Dadurch wird verhindert, dass der Karabiner korrekt einschnappt, der Bügel des Karabiners steht dadurch leicht offen. Wird nun der Karabiner belastet, wie dies bei den ersten beiden Benützungen der Hängematte stattfand, so wird der Karabiner aufgedehnt.
Bei der dritten Benützung waren die Zugkräfte zu groß, sodass der Karabiner brach. Beim zweiten Karabiner wurde ebenfalls eine Aufdehnung festgestellt. Dadurch konnte dieser auch nicht mehr schließen, was ebenfalls zu einem Bruch führen muss. Das Verhalten, dass das „Regenschild“ aber den Schließmechanismus blockieren kann, konnte hier klar nachgestellt und nachvollzogen werden.
6. Fazit
Ein eigentlich sicheres System führte durch eine schlecht implementierte und wohl auch nicht ausreichend getestete Zusatzfunktion zu einem Absturz durch einen Karabinerbruch. Ohne das „Regenschild“ wäre es praktisch unmöglich den Karabinerbruch herbeizuführen. Es ist von außen praktisch nicht zu erkennen, dass der Karabiner sich durch das „Regenschild“ nicht richtig schloss, und nachdem er aufgedehnt war, sich auch nicht mehr richtig schließen ließ.
Es zeigt sich hier, wie wichtig es ist, dass ein Karabiner sich richtig schließt. Beim Klettern könnte dies unmittelbar tödliche folgen haben. Durch den Einsatz von Schraubkarabinern, Twistlock oder ähnlichem, kann immerhin sichergestellt werden, dass der Karabiner korrekt geschlossen ist.
Die Antwort des Herstellers auf die Schilderung des Vorfalls: „Um einen weiteren Bruch aufgrund dieses Drip Clips zu verhindern, haben wir die Warnhinweise in der Gebrauchsanleitung erweitert und wir weisen darauf hin, dass der Karabiner vor jeder Benutzung sorgfältig geprüft werden muss, um sicherzustellen, dass der Karabiner auch vollständig geschlossen ist. Für die Produktion von diesem Jahr können wir natürlich nichts mehr ändern aber wie haben die neue Anleitung online zum downloaden.“