Flugrettung in der Nacht: Geht das?
Ende September an der Großen Zinne. Der Nordwind bläst eisig, es ist bereits seit einigen Stunden dunkel. Zwei niederländische Kletterer hängen in der Dibonakante. Als sie Motorengeräusch hören, schalten sie wie vereinbart ihre Stirnlampen ein und leuchten die Wand an. Der Helikopter kommt näher, fliegt eine Runde und eine zweite, nähert sich der Wand und plötzlich ist es taghell. 45 bis 50 Meter über den Kletterern hat der Pilot des Aiut Alpin die Scheinwerfer angeschaltet. Per Winde wird ein Bergretter herabgelassen, er hängt den ersten Kletterer ein, schneidet dessen Bandschlinge durch und schon fliegt der Helikopter wieder weg. Der Gerettete wird hochgezogen, die Rettung, eine sogenannte Kaperbergung, ist geglückt. Wenig später wiederholt sich das Prozedere mit dem zweiten Kletterer.
„Bei diesem Einsatz hat alles gut geklappt, trotz starken Winds von der Seite. Der Mond hat schön geschienen und als Bergführer kennen wir die Zinnen sehr gut, das hilft natürlich. Trotzdem ist nachts immer mehr Risiko dabei und die Anspannung groß. Für die Kletterer wäre es problematisch geworden, wenn wir nicht hätten helfen können“, sagt Hubert Moroder. Der Bergführer und Windenmann bei der Südtiroler Flugrettungsorganisation Aiut Alpin Dolomites war an jenem Tag selbst klettern und wusste, wie kalt es in der Höhe ist.
Nach einer guten Stunde ist der Einsatz für die Besatzung des Aiut Alpin beendet und der Helikopter wieder in seiner Basis in Pontives bei St. Ulrich im Grödner Tal. Die Bergrettung Hochpustertal bringt die unverletzten, aber völlig durchgefrorenen Holländer unterdessen vom Parkplatz am Rifugio Auronzo ins Tal. Noch vor ein paar Jahren wäre es eine sehr langwierige und aufwändige Aktion gewesen, die Kletterer aus der Mitte der Route zu holen: Zu Fuß hätten Bergretter auf den Gipfel steigen und sich von dort zu den Blockierten abseilen müssen. Denn bis 2014 waren zivile Nachtflüge in Italien generell verboten.
Der Vorlauf
„Fast 30 Jahre lang sind wir wunderbar bei Tag geflogen und haben uns immer geärgert, dass nachts die Schweizer kommen müssen, um unsere Probleme zu lösen“, sagt Gabriel Kostner, Pilot beim Aiut Alpin Dolomites. Als die EU das Verbot 2014 kippte, begann der Aiut Alpin daher sofort mit den Vorbereitungen.
Das geringste Problem war, den Helikopter umzurüsten, Scheinwerfer anzubringen und die Lichter im Inneren mit Filtern zu versehen, damit sie die Nachtsichtgeräte nicht stören. Langwieriger war es, die Genehmigung der ENAC, der italienischen Zivilluftfahrtbehörde, zu bekommen, da einige große Flugunternehmen gegen den Einsatz von Nachtsichtgeräten waren. Just während der Prüfung durch die ENAC gab es einen schlimmen Notfall. „Auf die Frage, ob wir denn hinfliegen dürften im Dunkeln, sagte der Inspektor: Logisch, ich bin ja die Behörde. Und auch als wir die intubierte Patientin nach Bozen ins Krankenhaus und anschließend wieder nach Hause fliegen wollten, sagte er: Logisch, wir müssen ja üben“, erzählt Gabriel Kostner mit einem Schmunzeln.
„So hat er gesehen, dass es mit den Nachtsichtgeräten fast wie am Tag funktioniert und die Einsätze tatsächlich Leben retten.“ Nach zwei Jahren des Verhandelns bekam der Aiut Alpin Dolomites 2016 schließlich als erste Rettungsorganisation in Italien die Nachtfluglizenz und führte im folgenden Jahr bereits 19 sogenannte Tagesrandflüge durch, Flüge, die in der Dämmerung beginnen und im Dunkeln zu Ende gebracht werden. Zunächst allerdings nur von einem offiziellen beleuchteten Landeplatz zum anderen. Um Menschen im Gebirge helfen zu können, das eigentliche Anliegen des Aiut Alpin, war eine fundiertere Ausbildung nötig. Ein Ausflug in die Schweiz lag nahe.
Aiut Alpin Dolomites (ladinisch für alpine Hilfe in den Dolomiten) ist ein Non-Profit-Verein und wurde 1990 von mehreren Bergrettungsmannschaften in den ladinischen Tälern der Dolomiten unter der Führung von Raffael Kostner gegründet und seitdem ehrenamtlich geleitet. Heute sind 17 Rettungsmannschaften aus Südtirol sowie Belluno und Trentino Teil des Aiut Alpin.
Das Vorbild
In der Schweiz gibt es seit den 70er-Jahren Nachtflugrettungen, sie gehören zum Arbeitsalltag und zum Selbstverständnis der Flugrettungsorganisationen. „Zunächst flogen die Piloten mit Scheinwerfern und Sichtkontakt zum Boden. Als Ende der 80er die Restlichtverstärker, heute eher als Nachtsichtgeräte bekannt, auf-kamen, war das ein Riesenschritt nach vorne. Plötzlich war in der Nacht zu fliegen fast wie am Tag“, sagt Pilot und Fluglehrer Robert Andenmatten, der seit 30 Jahren für Air Zermatt fliegt.
Über die Jahrzehnte sammelten die Schweizer viel Erfahrung, was im Dunkeln geht und was nicht. „Im Winter ist es nachts heller, das ist positiv, aber bei Schneefall fliegen ist nicht ratsam, denn feuchter, schwerer Schnee verklebt die Scheiben“, wie Robert Andenmatten erzählt. „Auch Landen im Schnee ist schwierig, weil die Rotoren den Schnee aufwirbeln und man nichts mehr sieht. Dann muss man sich einen Baum oder großen Stein suchen, um die Orientierung zu behalten.“
Erfahrungen, von denen auch der Aiut Alpin Dolomites profitierte: Alle Piloten und Windenmänner flogen je zehn Stunden bei Air Zermatt mit und ließen sich alle Tricks verraten. Es folgten viele weitere Übungsstunden in den Dolomiten, bis die Piloten auch nachts überall landen konnten, wo eine Landung eben möglich ist. Der letzte Schritt, um vollends nachts gebirgstauglich zu werden, war das Winde-Fliegen im Dunkeln, was ebenfalls viel Üben erforderte. „Das Wissen der Schweizer hat uns sehr geholfen, und mit der Zeit haben wir auch selbst noch viel herausgefunden“, sagt Pilot Gabriel Kostner. Etwa, dass man mit den Nachtsichtgeräten auch bei Regen fliegen kann. „Einmal haben wir um Mitternacht zwei völlig unterkühlte Kletterer per Winde von der Vinatzerführe am Dritten Sellaturm geholt. Weil der Nebel recht hoch hing, sind wir trotz des starken Regens hingeflogen.“
Das Hilfsmittel
Scheinwerfer werden nur für Start, Landung sowie zum Suchen und beim Bergen von Personen genutzt. Während des Fliegens verlassen sich die Piloten ganz auf die Nachtsichtgeräte, kurz auch NVGs (night vision goggles) genannt. Der Blick durch die etwa ein Kilo schweren, am Helm befestigten Nachtsichtgeräte ist gewöhnungsbedürftig. Das Bild ist schwarzweiß oder grünlich, und umso grobkörniger, je dunkler es ist. Die Tiefenschärfe fehlt, außerdem ist der Blickwinkel wie bei einem Fernrohr auf etwa 40 Grad beschränkt, wodurch das Gefühl für Geschwindigkeit verloren geht. Will man seitlich etwas sehen, muss man den Kopf drehen.
Die Nachtsichtgeräte fangen alles Licht in der Umgebung ein und verstärken es. Je heller ein vorhandenes Licht scheint, umso dunkler wird der Rest. Einen seiner ersten Nachteinsätze hatte Pilot Gabriel Kostner in der Nacht der Herz-Jesu-Feuer. „Durch die vielen Feuer sah es mit dem Nachtsichtgerät aus, als würde der Berg brennen, so sehr wurden die Lichter verstärkt. Wir sind an den Ort geflogen, wo die Patientin abgestürzt war, und haben sie sofort gefunden. Das ist das Gute in der Nacht: Eine kleine Stirnlampe oder ein Handylicht genügt, um die Personen schnell zu finden.“ Allerdings stoßen Nachtsichtgeräte, wenn es komplett dunkel ist, an ihre Grenzen. Somit ist es in sehr dunklen Nächten nicht möglich, in enge, finstere Täler zu fliegen. Gegen Vollmond zu fliegen wiederum, ist auch nicht gut, da dieser ziemlich blendet.
Der Ablauf
In Südtirol gibt es zurzeit keinen 24-Stunden-Flugrettungsdienst, sondern von 6 Uhr bis 23 Uhr im Sommer beziehungsweise 22 Uhr in den Wintermonaten. Der normale Dienst des Aiut Alpin Dolomites geht von 8 bis 20 Uhr, zusätzlich hat er im Wechsel mit Pelikan 1 und Pelikan 2 der Landesflugrettung Südtirol, welche bei Dunkelheit keine Windenbergung durchführen, jede dritte Woche die Dienstverlängerung bis 22/23 Uhr. Rettungsflüge außerhalb dieser Zeiten sind nur möglich, wenn sich ein Pilot findet, dessen Pflichtruhezeiten einen Einsatz noch erlauben. Da alle Aiut-Alpin-Piloten tagsüber außer Rettun an manchen Tagen auch für Transportunternehmen fliegen, ist das nur gelegentlich realisierbar.
Ein Nachteinsatz erfordert sorgfältige Planung, begonnen mit dem Wettercheck. Lassen Wind und Wetter einen Flug zu?
Ob im regulären Dienst oder außerhalb: Ein Nachteinsatz erfordert sorgfältige Planung, begonnen mit dem Wettercheck. Lassen Wind und Wetter einen Flug zu? Sind die in Italien vorgeschriebenen vier Kilometer Sichtweite vorhanden? Worum handelt es sich und ist wirklich eine Hubschrauberrettung nötig? Wo befinden sich die zu Rettenden? Im Idealfall haben sie ihre Standort-Koordinaten durchgegeben. Anschließend erstellt die Besatzung einen genauen Flugplan und übermittelt ihn an die ARO (Kontrollbüro des Flugverkehrs) in Mailand oder Padua, bei der sie sich aus Sicherheitsgründen während des Einsatzes jede halbe Stunde per Telefon oder Funkkommunikation melden muss, was selten funktioniert. Gestartet wird mit Scheinwerferlicht.
Der Windenmann sitzt als Crewmember mit vorne im Cockpit und unterstützt den Piloten beim Übergang auf das Nachtsichtgerät. Während der Pilot die Brille herunterklappt, hält der Crewmember den Bodenkontakt. Später schauen beide durch ihre NVGs. Beim Aiut Alpin haben auch Bergretter und Notarzt ein Monokular-Nachtsichtgerät mit an Bord. Nachts ist es in Italien Vorschrift, dass ein Crewmember während des ganzen Flugs mit NVGs vorne sitzt, daher braucht es zusätzlich einen zweiten in der Kabine, um die Winde zu bedienen. Da im Schwebeflug jedes Kilogramm eine zusätzliche Gefahr bedeutet, versucht man, so viele Reserven zu schaffen wie möglich.
Um den Helikopter möglichst leicht und wendig zu halten, gibt es vor der eigentlichen Bergung einen Zwischenstopp, bei dem meistens der Notarzt aussteigt und unnötiges Gewicht ausgeladen wird; beim Einsatz an der Großen Zinne beispielsweise am Parkplatz am Rifugio Auronzo. Günstig sind kühle Temperaturen, ungünstig viel Wind oder Wind aus der falschen Richtung, der sorgt dafür, dass der Helikopter mehr Kraft braucht oder sogar zu sinken beginnt. Nach dem Zwischenstopp fliegt der Pilot in der Regel zwei Übersichtsflüge in verschiedenen Höhen über dem sogenannten Target und schaltet die Scheinwerfer ein. Er erkundet An- und Abflug und eventuelle Flughindernisse.
Sobald die Scheinwerfer den Boden oder die Wand ausreichend beleuchten, klappen Crewmember und Pilot nacheinander ihre NVGs nach oben oder schauen darunter hindurch. Hierbei den richtigen Punkt zu erwischen, erfordert einiges an Übung. Nun kann der Helikopter je nach Gelände entweder landen (beziehungsweise im Schwebeflug in Bodennähe oder mit Winde in den Bergretter und gegebenenfalls Arzt rauslassen) oder die Bergung direkt durchführen – wie bei der Windenbergung an der Dibonakante Ende September oder nur zwei Wochen zuvor an der Südwand der Marmolada.
Fünf Bergsteiger aus der Slowakei und Tschechien waren kurz unterhalb des Gipfels der Marmolada in der drittletzten Seillänge der Route „Don Quixote“ wegen Dunkelheit und Erschöpfung nicht mehr weitergekommen. Sie waren recht gut ausgerüstet, hatten aber keine Biwaksäcke dabei und die Nächte auf über 3.000 Metern sind selbst im Hochsommer kalt. Da der Aiut Alpin an diesem Tag Doppelbesatzung hatte, konnte die Spätschicht gleich losfliegen. „Im Fassatal haben wir einen lokalen Flugretter an Bord geholt – nachts versuchen wir immer, jemanden dabei zu haben, der sich richtig gut auskennt.
Der Arzt stieg dafür am Landeplatz in Canazei aus“, erzählt Martin Dejori, Windenmann beim Aiut Alpin und bei dieser Rettungsaktion als Crewmember vorne mit im Cockpit. „Die Marmolada ist ja eigentlich recht plattig, aber die Bergsteiger befanden sich unter einem großen Pfeiler, sodass wir fast zehn Meter außerhalb der Vertikale winden mussten.“ Der Flugretter muss durch Pendeln am etwa 45 Meter langen Windenseil zu den zu Rettenden hinkommen. Er hängt sich in den Stand und erlebt eine kleine Überraschung, statt der erwarteten drei Männer, sind es fünf. Mit drei Winden holt der rote Airbus Helikopter 135 T3 die Männer aus der Wand und bringt sie ins Tal. Jedes Mal muss der Windenmann den Windenhaken von oben wieder zum Pendeln bringen, damit der am Stand hängende Flugretter den Haken erwischt. „Das Pendeln ist schon ein Spezialfall. Bei diesem Einsatz waren wir durch die breite Wand vor dem Nordwind geschützt und hatten nach rechts einen Hindernis-freien Abflug.“
Die Herausforderungen
Einsätze wie der an der Großen Zinne oder der Marmolada wirken für Laien sehr spektakulär. Tatsächlich ist die Windenbergung an einer Felswand für den Piloten vergleichsweise einfach. „Mit der Wand hat der Pilot einen guten Anhaltspunkt, er erkennt sofort, ob er ein paar Zentimeter steigt oder sinkt“, sagt Gabriel Kostner. „Bei einer Bergung im Wald schwebt man möglicherweise ohne Anhaltspunkt in der Luft und muss sich ganz auf die Anweisungen des Bergretters verlassen.“ Und Robert Andenmatten ergänzt: „Jemanden von einem Gipfel zu holen, ist mitunter schwieriger als von einer Wand, weil sich der Pilot den Kontaktpunkt am Boden suchen muss – aber immerhin fliegt man dann nicht so hoch.“
„Bei Nacht ist es noch wichtiger, dass das Team eingespielt ist. Schließlich sieht man nicht, was der andere macht“, so Windenmann Hubert Moroder. Der Pilot muss seine Instrumente in- und auswendig kennen und alles im Dunkeln bedienen können. Und auch in der Kabine wird das Licht nur kurz eingeschaltet, um vor dem Winden zu schauen, ob sich der Bergretter richtig eingehängt hat. Ein kritischer Punkt bei der Windenbergung aus einer Wand ist der Moment, wenn der Bergretter den zu Rettenden ins Seil eingehängt hat und dadurch der Helikopter mit der Wand verbunden ist.
Insbesondere in der Nacht müssen die Funkkommandos dann genau funktionieren. Ebenfalls schwierig ist das Hochwinden. Durch den nach unten strömenden Wind des Hauptrotors können sich die am Seil hängenden Menschen drehen und immer schneller werden. Um diesen gefährlichen Dreheffekt zu verhindern, muss der Helikopter noch vor dem Hochwinden Geschwindigkeit aufnehmen. „Weil wir alle die Zinnen gut kennen, konnte der Pilot sofort das Richtige tun und ohne zu zögern schnell wegfliegen“, sagt Moroder zur Rettung an der Dibonakante.
Ein nicht zu unterschätzendes Dilemma ist der erhöhte Spritverbrauch in der Nacht: Durch das langsamere Fliegen und Landen braucht der Helikopter mehr Energie. Müssen dann auch noch mehrere Menschen oder ganze Gruppen gerettet werden, ist der Bedarf noch größer. Gleichzeitig bedeutet ein voller Tank mehr Gewicht, also weniger Leistung im Schwebeflug. „Beim Einsatz an der Marmolada konnten wir jeden einzelnen Flug mit der nötigen Treibstoffmenge durchführen, da wir im Tal die Möglichkeit zum Betanken hatten. So ist der Helikopter schön leicht geblieben“, sagt Martin
Dejori.
„Das Gute in der Nacht: Ein Handylicht genügt, um eine Person zu finden.“
Die Zukunft
Über die Jahrzehnte ist die Technik besser geworden, die Scheinwerfer sind stärker, die Helikopter liegen stabiler in der Luft, es gibt Autopiloten und auch bei den NVGs hat sich einiges getan. Dennoch findet Robert Andenmatten von Air Zermatt, der entscheidende Faktor sei immer noch die Besatzung. „Das beste Instrument ist das Auge. Im Gelände ist der erfahrene Pilot, der alle Kabel und sonstigen Hindernisse kennt, das Nonplusultra. Der Autopilot entlastet den Piloten beim Flug ins Spital, im Gebirge hingegen bringt er wenig.
Wenn es aber eine Technik gäbe, die den Anflug verbessert, wäre das toll.“ Beim Aiut Alpin Dolomites arbeitet man derweil an beidem: Ausstattung und Erfahrung. Seit Sommer 2021 hat der Hubschrauber einen sehr leichten, aber starken Scheinwerfer, der in etwas breiterem Winkel fix nach unten leuchtet. Zu punktuelles Licht ist nicht geeignet, hat die Erfahrung gezeigt. Für die Wintersaison hat die Organisation einen Hubschrauber mit Autopiloten gemietet. Wenn das so funktioniere wie erhofft, sei man wieder einen Schritt weiter. Mit etwas mehr Erfahrung wird der Aiut Alpin vielleicht auch irgendwann nachts die volle Winde mit 90 Metern ausnutzen können, so wie die Schweizer.
Der Bergretter ist dann im schwachen Restlicht des Scheinwerfers, hat aber seine eigene Stirnlampe dabei und verständigt sich über Funk mit den Kollegen im Hubschrauber. Die Fixtaubergung, die angewendet wird, wenn die 90 Meter nicht ausreichen, ist in Italien nachts nicht erlaubt. Sie wäre auch nur schwer durch-zuführen und es bräuchte einen gut beleuchteten Ort zum Ablegen. Wie bei so vielem kommt auch bei der Nachtrettung die Sicherheit mit der Übung. „Am besten ist, ganz viel zu fliegen“, sagt Gabriel Kostner. Um die 80 Nacht- oder Tagesrandeinsätze ist der Aiut Alpin Dolomites seit 2018 jedes Jahr geflogen. Ein Taxi-Service solle die Flugrettung trotzdem nicht werden, findet Hubert Moroder. Schließlich sind Nachtflüge immer mit Gefahren verbunden, auch wenn Extra-Reserven eingeplant werden.
Wie verhalte ich mich als zu Rettende*r?
- Am besten nicht erst bei Einbruch der Dunkelheit alarmieren und nur, wenn es wirklich nötig ist (Biwaksack dabei haben für Notübernachtungen)
- Wenn möglich Koordinaten und Höhe aus dem GPS (z. B. vom Handy) lesen und bei Klettertouren auch Name des Berges/der Wand und der Klettertour sowie die Seillänge angeben
- Ordnung machen, alles in den Rucksack packen; als Kletterin an die Selbstsicherungsschlinge am Stand hängen, Seil aufschießen
- Im Wald eine Lichtung aufsuchen, sofern möglich
- Strom sparen und Stirnlampe oder Handylicht erst einschalten, wenn der Helikopter zu hören ist
- Alles Mögliche machen, damit man leicht gesichtet/erkannt wird (auch bei Tag und bei vielen Leuten)
- Blinken (an-/ausschalten oder mit der Hand abdecken) sieht die Helikopter-Besatzung leichter
- Mit allen verfügbaren Lichtern die Wand oder den Boden anleuchten
- Auf keinen Fall den Helikopter anleuchten, dafür Stirnlampe vielleicht vom Kopf nehmen und in der Hand halten
- Über Flughindernisse informieren (gespannte Kabel/ Seile wie z. B. Materialbahn, Slackline u. a.)