Seil verkürzen: 7 Methoden im Vergleich
Während einer Tour kann es durchaus mehrmals vorkommen, dass man das Seil verkürzen und wieder verlängern muss. Dabei ist entscheidend, wie das Seil am eigenen Körper abgebunden wird: Zum einen soll es möglichst schnell und einfach gehen und zum anderen muss es natürlich für die gesamte Seilschaft sicher sein.
Aus der eigenen Praxis heraus und mit Blick auf andere Seilschaftsführer*innen bzw. auf die Kolleginnen und Kollegen der Nachbarländer wird schnell klar, dass es nicht nur eine einzige Möglichkeit gibt, das Seil entsprechend abzubinden. In weiterer Folge wollen wir einige der gebräuchlichsten Methoden darstellen und die jeweiligen Vor- und Nachteile beschreiben. Dabei können einzelne Methoden auch miteinander kombiniert werden. Uns ist klar, dass es noch andere, individuelle Lösungen gibt, die durchaus ihre Berechtigung haben.
1. Einbinden direkt
Wir binden uns direkt am Seilende mittels gestecktem Achterknoten ein. Einen Teil des Seils nehmen wir über die Schulter auf und binden es ab, mit dem restlichen Seil wird „gearbeitet“.
- Vorteil. Wir sind direkt am Seilende eingebunden und haben das gesamte Seil im Fall griffbereit.
- Nachteil. Wir tragen relativ viel Seil über der Schulter und sind womöglich in unserer Bewegungsfreiheit und in unserem Blickwinkel etwas eingeschränkt.
2. Einbinden mittels Karabiner
Brauchen wir nicht das gesamte Seil, können wir uns mittels Achterknoten und Karabiner mit Verschlusssicherung einbinden und das restliche Seil in den Rucksack stopfen (Achtung auf Knoten im freien Seilende). Ein kleinerer Teil des Seils wird über die Schulter aufgenommen und abgebunden, mit dem restlichen Seil wird wieder „gearbeitet“.
- Vorteile. Wir müssen nicht so viel Seil über der Schulter tragen und haben mehr Bewegungsfreiheit.
- Nachteile. Sollten wir (wider Erwarten) mehr Seil benötigen, dauert der Umbau länger.
3. Abbinden mittels Spierenstich
Diese Methode ist wohl am weitesten verbreitet. Dabei wird das Seil mittels Spierenstich abgebunden (Abb 1, 2).
- Vorteile. Das Seil ist sauber abgebunden und versorgt. Es kann nicht (so leicht) von der Schulter fallen und einzelne Schlingen können nicht durch Felszacken etc. herausgezogen werden.
- Nachteile. Das Lösen und Wiederherstellen des Abbundes dauert im Vergleich zu anderen Methoden etwas länger. Der Abbund vor der Brust ist etwas sperrig und ist die Schlinge des Abbundes zu kurz, kann sich der Abbund mit der Zeit von selbst öffnen.
4. Abbinden mittels Bulin
Analog zum Spierenstich kann der Abbund auch mittels Bulin-Knoten erfolgen. Die Vor- und Nachteile sind dabei ident zum Spierenstich, außer dass sich die Schlinge etwas schwerer von selbst öffnen kann (Abb. 3, 4).
5. Abbinden mittels Mastwurf
Bei dieser Methode wird das Seil etwas enger über der Schulter aufgenommen, sodass es fester sitzt und einzelne Schlingen nicht so leicht herausgezogen werden können. Anschließend wird das Seil mittels Mastwurf und Karabiner mit Verschlusssicherung abgebunden (Abb. 5 und 6).
- Vorteile. Das Öffnen und Lösen des Abbundes geht sehr schnell und er trägt auf der Brust nicht so auf.
- Nachteile. Das aufgenommene Seil ist nicht so gut fixiert, einzelne Schlingen können herausgezogen werden.
6. Abbinden mittels Seilrollenklemme
Es kann auch eine Seilrollenklemme verwendet werden (Abb. 6 und 7). Eine Seilrolle mit Rücklaufsperre ist von mehreren Herstellern erhältlich: Edelrid Spoc, CT RollnLock, Kong Duck/ohne bewegliche Rolle, Petzl Micro oder Nano Traxion.
- Vorteile. Die Länge des Seils kann in beide Richtungen (von kürzer auf länger und umgekehrt) relativ schnell verändert werden.
- Nachteile. Das aufgenommene Seil ist nicht so gut fixiert, einzelne Schlingen können herausgezogen werden. Zudem ist das Handling mit der Seilrollenklemme etwas gewöhnungsbedürftig und außerdem muss immer darauf geachtet werden, dass die Klemme auch zu ist.
7. Abbinden mittels Schweizer Methode
Die Schweizer nehmen (genauso wie bei den Methoden mit einfachem Spierenstich und Bulin) die Schlingen über die Schulter auf und fahren dann mit dem Seil durch den Anseilring. Im Gegensatz zu den zwei oben genannten Methoden mittels Spierenstich oder Bulin benötigt man bei dieser Methode mehr Seil für den Abbund (eine Armlänge, Abb. 8).
Nun werden die aufgenommenen Schlingen zweimal umfahren (Abb. 9) (bei den anderen Methoden nur einmal). Anschließend wird das Partieseil mit einem doppelten Spierenstich (statt eines einfachen Spierenstichs) abgebunden (Abb. 10).
- Vorteile. Die doppelte Umwicklung fixiert die aufgenommenen Schlingen besser. Dies führt zu einem stabileren Seilpaket am Oberkörper. Der doppelte Spierenstich löst sich weniger leicht als der einfache.
- Nachteile. Durch die doppelte Ausführung nimmt das Lösen des Seils und damit das Variieren der Seillänge mehr Zeit in Anspruch.