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Weniger Tote, mehr Verletzte: Alpinunfälle in Österreich 2023. Foto: ÖAMTC/ÖKAS
26. Jan 2024 - 5 min Lesezeit

Weniger Tote, mehr Verletzte: Alpinunfälle in Österreich 2023

In Österreichs Bergen verunglückten mit 266 Personen weniger Menschen tödlich als im Vorjahr. Die meisten Unfälle ereigneten sich beim Bergsteigen, gefolgt von Forstunfällen. Die Zahl der Verletzten stieg hingegen weiter auf über 9.000 Personen an: Der Jahresrückblick des Österreichischen Kuratoriums für Alpine Sicherheit (ÖKAS) und der Alpinpolizei.
Die Zahl der Verletzten und Verunfallten steigt mit über 9000 Personen weiter an. Foto: ÖAMTC/ÖKAS
Die Zahl der Verletzten und Verunfallten steigt mit über 9000 Personen weiter an. Foto: ÖAMTC/ÖKAS

Weniger Alpintote

Laut Alpinunfallstatistik des Österreichischen Kuratorium für Alpine Sicherheit (ÖKAS) sind im vergangenen Jahr 266 Menschen in Österreichs Bergen tödlich verunglückt. Diese Zahl liegt sowohl unter dem 10-Jahres-Durchschnitt (282) als auch unter dem Vorjahr 2022 (290). Dabei verunglückten erheblich mehr Männer als Frauen tödlich in den Bergen: 228 Männer (86 Prozent) und 36 Frauen (14 Prozent). Bei zwei Personen, die auf Gletschern aufgefunden wurden, gibt es keine Angaben über das Geschlecht. Der Großteil (60 Prozent) der Alpintoten war zwischen 51 und 80 Jahre alt. 

Mehr Verletzte, Verunfallte und Unfälle

Die Zahl der Verletzten steigt allerdings weiter an: 2023 sind 9089 Personen in der Unfalldatenbank erfasst worden. Das sind über 1500 mehr als im 10-Jahres-Durchschnitt. Auch die Zahl der Verunfallten – also die Gesamtzahl der Toten, Verletzten und Unverletzten – ist mit 13.681 gestiegen, ebenso die Unfälle, die mit 9583 mehr als 1000 über dem Durchschnitt der letzten Jahre liegt. Im Gegensatz zu den Alpintoten gibt es bei den Verletzten keine großen Unterschiede zwischen den Geschlechtern: 56 Prozent der Betroffenen waren männlich, 43 Prozent weiblich. Auch beim Alter gibt es eine gleichmäßigere Verteilung über alle Altersgruppen hinweg. 

Mit 4484 Unfällen ereigneten sich – wie schon in den Jahren zuvor – die meisten Alpinunfälle in Tirol. 

Unfälle vor allem beim Bergsteigen und bei Forstarbeiten

Immer mehr (tödliche) Forstunfälle. Foto: BFW Fast
Tödliche Forstunfälle sind erstmals an zweiter Stelle. Foto: BFW Fast

Die meisten tödlichen Unfälle ereigneten sich beim Wandern und Bergsteigen (99 Personen). Überraschend ist hingegen, dass tödliche Forstunfälle erstmals an zweiter Stelle stehen: Im Jahr 2023 starben 34 Personen – das sind 36 Prozent mehr als im Vorjahr (25 Personen).  Es folgen Suizide mit 27 Personen, Pistenunfälle (24 Personen) und Skitourenunfälle (16 Personen). 

27 Prozent (73) der tödlich verunglückten Personen starben nicht bei der Ausübung einer Alpinsportart, sondern bei Forstunfällen, mit Fahrzeugen auf Bergwegen oder durch Suizid im Gebirge.

Tote in Österreichs Bergen nach Bergsportdisziplin

Tote in Österreichs Bergen nach Bergsportdisziplin – 01.01.2023 bis 31.12.2023 und 10-Jahres-Mittel 2014
bis 2023
01. Januar 2023 bis 31. Dezember 2023 und 10-Jahres-Mittel 2014 bis 2023

Die meisten Todesopfer im Juli und den Wintermonaten

Mit 44 tödlichen Alpinunfällen liegt der Juli an der Spitze der Jahresverteilung, gefolgt vom September mit 35 und vom Februar mit 34 Todesopfern. Bei den Verunfallten zeigt sich ein anderes Bild: Die meisten Personen verunfallten in den Monaten Jänner, Februar und März. Hier besteht ein Zusammenhang mit der Nutzung der Skipisten und Skirouten. Mehr zum Thema „Skifahren als Risikosport“ im Blogartikel auf alpinesicherheit.at

Unfallursachen: Kollision & Herz-Kreislauf-Störungen

Risikosport Skifahren? Die häufigsten Ursachen waren Kollisionen. Foto: Bergrettung Österreich
Risikosport Skifahren? Die häufigsten Ursachen bei Verunfallten waren Kollisionen. Foto: Bergrettung Österreich

Die häufigsten Unfallursachen bei den Verunfallten waren mit 40 Prozent Kollisionen – meist auf der Piste und auf Skirouten. Die zweithäufigste Ursache ist Sturz/Stolpern/Ausgleiten mit 16 Prozent. Wissenswert dazu: Die Alpinpolizei erfasst im Bereich von Pisten und Skirouten nur Unfälle, bei denen der Verdacht auf Fremdverschulden besteht.

Wie in den Vorjahren sind Herz-Kreislauf-Störungen (29 Prozent) die häufigste Notfallursache bei Alpintoten. 78 Menschen starben 2023 in Österreichs Bergen an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, das sind zehn Personen mehr als im langjährigen Durchschnitt und betrifft vor allem die Altersgruppe der 51- bis 80-Jährigen. 36 Tote (13 Prozent) verunglückten durch Absturz, 30 (11 Prozent) durch einen Sturz, durch Stolpern oder Ausgleiten und 35 (13 Prozent) durch andere Ursachen. 

Ergänzende Stellungnahmen: Alexander Radlherr von GeoSphere über Witterungsbedingungen

Das Jahr 2023 war ausgesprochen warm, es war in Österreich sogar das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen. Besonders markante Wärme- bzw. Hitzeperioden gab es im Jänner, Februar, Juli, August, September, Oktober und Dezember, wobei die beiden Herbstmonate an vielen Stationen die wärmsten seit Beginn der Aufzeichnung waren – diese Abfolge ist äußerst ungewöhnlich. 

Der Hochsommer wurde unterbrochen von einer in den letzten Jahren sehr selten gewordenen feucht-kühlen Witterungsphase. Diese zweiwöchige „Sommerdepression“ wurde im August dann im Gegenzug von der längsten Hitzewelle seit Beginn der Aufzeichnungen mit stabilen Verhältnissen abgelöst. Abgesehen davon ist der Wechsel von langen Trockenperioden (gesamter Winter, Mitte Mai bis Ende Juni, September/Oktober) und kurzzeitig intensiven Niederschlagsereignissen (Mitte April, Mitte Mai, Anfang und Ende August, November/Dezember), teils begleitet von Stürmen, auffallend. 

Zusätzlich gab es im Sommer immer wieder schwere Unwetter, die im alpinen Gelände vielfach Probleme (z. B. durch Vermurungen und Sturmschäden) verursachten. Oftmals ist es ausschließlich Glück zu verdanken, dass keine menschlichen Opfer zu beklagen waren – zum Beispiel bei der Gewitterfront mit schwerem Sturm am 18. Juli in Tirol, als sich noch Tausende Menschen auf Wanderungen und in Seilbahnen befanden. Was den Schnee betrifft, ergibt sich für das vergangene Jahr eine zwiegespaltene Bilanz: Der Winter in den ersten Monaten des Jahres war vor allem auf den Bergen oft einer der schneeärmsten seit Beginn der Aufzeichnungen.

Anna-Sophie Pirscher, Leiterin der Forstlichen Ausbildungsstätte Ossiach des BFW, über die Gefahren bei der Waldarbeit

Waldarbeit ist gefährlich und wird oft unterschätzt. Jeder zu fällende Baum ist einzeln zu bewerten und Motorsägen sind leistungsstarke Arbeitsgeräte mit Kettengeschwindigkeiten von 20 m/s und mehr.

Hinzu kommt, dass die persönliche Schutzausrüstung nicht immer vollständig getragen und oft allein gearbeitet wird. Manchmal fehlen auch die Erfahrung und die Kenntnis der richtigen Fälltechniken. Gerade aufgrund des erhöhten Anfalls an Schadholz durch Windwurf, Schneebrüche oder Borkenkäfer nimmt die Wahrscheinlichkeit für schwere Forstunfälle zu. Die Aufarbeitung von verspannten Hölzern wie beispielsweise nach einem Windwurfereignis ist eine Arbeit für Profis. Jeder Waldeigentümer, der hier wenig bis gar keine Erfahrung hat, sollte sich einen professionellen Dienstleister holen. Die Forstlichen Ausbildungsstätten Ossiach und Traunkirchen des BFW bieten ein breites Kursprogramm für Motorsägen-Anfänger und erfahrene Forstarbeiter an, denn laufende Weiterbildung und die Wiederholung der Arbeitssicherheit retten Leben.

Quelle: Österreichisches Kuratorium für Alpine Sicherheit (ÖKAS)/BMI Alpinpolizei, Januar 2023